Prof. Claudio Bassetti, MD, is a neurologist, Dean of the Faculty of Medicine in Bern and Chair of the Swiss Brain Health Plan.

Interview with Prof. Claudio Bassetti on the Swiss Brain Health Plan

What is the aim of the SFCNS Swiss Brain Health Plan?

Brain health and the prevention of brain diseases should become a top priority with the Swiss Brain Health Plan. So far, there is no national plan and no national guideline. I believe that Switzerland now has the opportunity to become a flagship project for the implementation of a national brain health plan.

In 2022, the WHO adopted the so-called IGAP, Intersectoral Global Action Plan 2022-2031. One goal of the IGAP is for 85% of countries to draw up a brain health plan. This currently applies to very few countries in Europe. So far, there are only concrete projects in Germany, Norway and Switzerland.

We would like to support the population and the authorities in following the WHO's call. That is why we are committed to developing a Swiss Brain Health Plan.

Why is this important for the general population?

One in two people will suffer a brain disease in the course of their lives. This means that half of the population is affected. The other half should therefore be concerned with prevention.

Brain diseases can be neurological disorders such as headaches, strokes, dementia, Parkinson's disease, multiple sclerosis and sleep disorders. Or psychiatric disorders such as depression, anxiety, addiction and eating disorders can manifest themselves.

These illnesses often occur in combination, making it difficult to draw a clear distinction between neurology and psychiatry. A clear example of this is post-Covid syndrome. Both the neurological effects and the social elements play an important role here. I therefore like to compare neurological and psychiatric disorders to the two sides of a coin.

 

Who can actively support the SFCNS Swiss Brain Health Plan?

The entire population can contribute. The brain is the most important thing we carry with us. The brain is important for thinking, for emotions, for our social behavior and for politics. The brain is important for making decisions about everything in life. We must not forget that. In a society that has many problems, the brain is what can save the world.

If we keep our brains healthy and support them well, society is bound to improve too. It affects everyone. It's what makes us human.

When the question of where the soul is located comes up, most people point to the heart. Instead, they should point to the head. The soul is up there, not in the heart. The heart is just a muscle.

In the morning, everyone has a toothbrush in their hand...most people at least. Everyone knows that you have to brush your teeth in the morning. It is often neglected that you should do something for your brain every day, similar to how you take care of your teeth. I believe that brain health is not just for specialists, but for everyone. Everyone can benefit from it.

To ensure that people function well and feel good, especially in terms of well-being, we need to do more for this organ than we currently do.

Dr. Stefanie Becker, Director of Alzheimer Schweiz

Interview with Dr. Stefanie Becker on World Alzheimer's Day

Ein Aufruf zu mehr Bewusstsein und Unterstützung für Demenzerkrankte und deren Angehörige

Am Welt-Alzheimer-Tag, dem 21. September, wird weltweit auf die Herausforderungen, denen Alzheimer-Betroffene und deren Familien gegenüberstehen, aufmerksam gemacht.  Auf diesen Tag hin haben wir Dr. Stefanie Becker, die Direktorin von Alzheimer Schweiz, zu einem Interview getroffen. Im Gespräch erklärt sie, warum dieser Tag wichtig ist, in welchen Bereichen sich die Situation für Betroffene verbessert hat, mit welchen Aktivitäten Alzheimer Schweiz Erkrankte und deren Umfeld unterstützt und was sie sich für die Zukunft wünscht.

Frau Dr. Becker, warum ist der World Alzheimer’s Day wichtig und welche Botschaft möchten Sie an diesem Tag an die Öffentlichkeit und an politische Entscheidungsträger senden?

Der Welt-Alzheimer-Tag ist wichtig, um das Bewusstsein für die Alzheimer-Krankheit und andere Formen von Demenz in der Gesellschaft zu schärfen. Alzheimer Schweiz nutzt diesen Tag, um die Öffentlichkeit über die Auswirkungen von Demenz auf Erkrankte und ihre Angehörige zu informieren und das Stigma zu reduzieren. Sie möchten politische Entscheidungsträger dazu aufrufen, mehr in die Prävention, sowie Betreuung und Pflege von Menschen mit Demenz zu investieren. Der Fokus liegt darauf, die Lebensqualität von aller von der Krankheit Betroffenen (das sind die erkrankten Menschen und ihr persönliches Umfeld) zu verbessern und den Zugang zu Ressourcen und Unterstützung zu erleichtern.

 

Wie hat sich die Situation für Alzheimer-Patienten in den letzten Jahren verändert, bspw. in Bezug auf Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten?

In den letzten Jahren hat sich die Situation für Demenz-Patient:innen in mehreren Bereichen verbessert. Fortschritte in der Diagnosetechnik, wie z.B. verbesserte bildgebende Verfahren, bessere Diagnosetools oder mehr spezialisierte Memory Clinics ermöglichen eine frühere und genauere Diagnose. Dies bietet die wichtige Chance für frühzeitige Interventionen. Das Wissen um psychosoziale Therapien, zu demenzbedingten Verhaltensauffälligkeiten wie BPSD oder besonderen Demenzformen wie FTD und Jungerkrankte ist gewachsen. Gleichzeitig wurden auch Betreuungsmodelle weiterentwickelt, um die Lebensqualität von Erkrankten und ihren Angehörigen zu verbessern, insbesondere durch personalisierte Pflegeansätze, die auch im Rahmen der ambulanten Pflege umgesetzt werden. Dennoch bleibt noch vieles zu tun und die Angebote sind leider noch längst nicht ausreichend.

 

Welche aktuellen Fortschritte gibt es in der Forschung zu Alzheimer? Gibt es Hoffnung auf neue Behandlungsmethoden oder sogar eine Heilung in naher Zukunft?

In den letzten Jahren hat die Alzheimer-Forschung erhebliche Fortschritte gemacht, insbesondere bei der Entwicklung neuer Medikamente, die zum Teil ja bereits in anderen Ländern schon zugelassen sind und den Patient:innen zur Verfügung stehen. Auch wenn diese neuen Wirkstoffe die Alzheimer-Krankheit nicht heilen können, so tragen sich doch dazu bei, dass ihr Verlauf sich verzögern kann. Ja, dies lässt durchaus die Hoffnung zu, dass künftige Behandlungen die Krankheit noch wirksamer bekämpfen können. Aktuell wird vor allem auch Forschung verfolgt, die multiple Ansätze kombinieren. Die Situation der Alzheimer-Behandlung ist vergleichbar mit den Anfängen bei AIDS. Dort waren die ersten Medikamente auch noch nicht die besten – aber ein wichtiger Anfang und in der medizinischen Behandlung sicherlich ein ganz zentraler Meilenstein.  

 

Solange die Krankheit nicht geheilt werden kann, braucht es ganz praktische Hilfsangebote für Betroffene und deren Umfeld. Mit welchen konkreten Aktivitäten und Dienstleistungen unterstützt Alzheimer Schweiz Menschen mit Alzheimer und deren Familien?

Alzheimer Schweiz und unsere 21 kantonalen Sektionen bieten eine Vielzahl praktischer Hilfsangebote, um Menschen mit Demenz und deren Angehörige zu unterstützen. Zu den konkreten Aktivitäten und Dienstleistungen gehören Beratungs- und Informationsangebote, Selbsthilfegruppen, eine breite Palette von Alltags- und Freizeitaktivitäten für Erkrankte entweder ohne oder gemeinsam mit ihren Bildungs- und Schulungsprogramme für Angehörige und Pflegekräfte an, Programme zur kurzfristigen Entlastung von pflegenden Angehörigen, Um Angehörigen oder auch Fachpersonen die Suche nach wohnortnahen  passende Angebote zu erleichtern, stellt Alzheimer Schweiz die alzguide (www.alzguide.ch) zur Verfügung. Sie bündelt demenzspezifische Angebote schweizweit, damit Angehörige Hilfe nicht nur suchen, sondern einfach finden können. Durch diese Dienstleistungen trägt Alzheimer Schweiz massgeblich dazu bei, die Lebensqualität von Menschen mit Alzheimer und anderen Formen von Demenz und deren Familien zu verbessern.

 

Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten nächsten Schritte, um das Leben von Alzheimer-Patienten weiter zu verbessern?

Hier wird insbesondere die Kombination aus medizinischen Fortschritten, umfassender Betreuung und einer demenzfreundlicheren Gesellschaft entscheidend sein, um die Lebensqualität von Alzheimer-Patienten weiter zu verbessern.

Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um Erkrankten rechtzeitig Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten und Unterstützungsprogrammen zu ermöglichen. Dies wird im Falle einer Zulassung der neuen Wirkstoffe in der Schweiz zunehmend an Bedeutung gewinnen. Demenz ist einer der häufigsten Gründe für den Umzug in ein Pflegeheim. D.h. wir müssen davon ausgehen, dass die überwiegende Mehrheit der Bewohnenden in der Langzeitpflege eine Form von Demenz haben. Aber längst nicht überall sind die entsprechenden demenzspezifischen Kompetenzen in ausreichendem Masse vorhanden. Auch Hausärtz:innen, die in der Regel die erste Anlaufstelle für gesundheitliche Fragen sind, müssten noch mehr auf die Signale von Demenz, insbesondere auch bei Jungerkrankten sensibilisiert werden. Während neue Medikamente zwar vielversprechend sind, bleibt die Entwicklung weiterer Therapien, die auf verschiedene Aspekte der Krankheit zielen, essenziell. Die Förderung von nicht-medikamentösen, psychosozialen Behandlungen muss weiterhin gezielt und verstärkt verfolgt werden. Neben medizinischen Fortschritten ist die Stärkung der Betreuungs- und Entlastungsangebote für Erkrankte und ihre Familien von zentraler Bedeutung. Praktische Hilfsangebote wie Tagesbetreuungen, Schulungen für Pflegefachpersonen und psychosoziale Unterstützung müssen weiter ausgebaut werden. Die Förderung des Verständnisses und der Akzeptanz von Menschen mit Demenz in der Gesellschaft sind zentral. Ein demenzfreundliches Umfeld, i.S. einer demenzsensible Gesellschaft erleichtert den Alltag und reduziert das Stigma, das noch immer leider häufig mit der Krankheit verbunden ist. Und nicht zuletzt braucht es eine verstärkte politische Förderung, um in Forschung, auch zu nicht-medikamentösen Therapien, Pflege und Prävention zu investieren. Dazu gehört auch die Sicherstellung ausreichender finanzieller Mittel für Pflegedienste und die Förderung von Innovationen in der Demenz-Behandlung.

 

Welche Massnahmen sollten Ihrer Meinung nach im Bereich Prävention ergriffen werden? Ist Alzheimer Schweiz hier bereits aktiv und wenn ja in welcher Form?

Im Bereich Prävention ist es vor allem wichtig, den Beitrag, den präventive Massnahmen zur Minimierung des Risikos an Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz zu erkranken leisten, anzuerkennen. Dies bedeutet, dass entsprechende Massnahmen sowohl in der (ärztlichen) Beratung von älteren, kognitiven gesunden Menschen einen festen Platz haben sollten, aber auch dass schon früh in der Arbeit mit Kindern, das Wissen um Prävention in den Lehrplänen verankert wird. Darüber hinaus braucht es auch die Möglichkeit individuelle Präventionsmassnahmen im Rahmen der Krankenversicherung zu bezahlen, was erst teilweise der Fall ist.

Alzheimer Schweiz hat hier eine Webseite aufgebaut, (https://www.alzheimer-schweiz.ch/de/ueber-demenz/praevention)  auf der verschiedene Informationen zu den bekannten Risikofaktoren aufgeführt sind. Wichtig ist es uns dabei, explizit hinzuweisen, dass die verschiedenen Präventionsaktivitäten auch dann sehr viel Sinn machen, wenn bereits schon eine Demenzkrankheit diagnostiziert wurde. So trägt Bewegung und ausgewogene Ernährung zu einem grösseren Wohlbefinden bei und kann auch bei vorliegender Demenz den Verlauf günstig beeinflussen.

Um die Situation der Betroffenen zu verbessern, braucht es neben den konkreten Hilfestellungen auch ein Problembewusstsein in der Gesellschaft. Alzheimer ist eine neurodegenerative Krankheit, also eine Erkrankung des Gehirns. Neben anderen neurodegenerativen Krankheiten wie Parkinson gibt es vaskuläre Erkrankungen wie bspw. der Schlaganfall, Autoimmunerkrankungen wie bspw. MS. Dazu kommen psychiatrische oder entwicklungsbedingte Erkrankungen, Hirnverletzungen, Tumore und vieles mehr. Auch wenn Ursachen und Verläufe unterschiedlich sind, haben sie doch eines gemeinsam: Die Hirnfunktion ist beeinträchtigt.

 

Arbeiten Sie bzw. Alzheimer Schweiz mit anderen Organisationen und Fachleuten zusammen, um die Situation von Menschen mit einer Hirnerkrankung zu verbessern?

Wir haben viele Kooperationspartner. So besteht z.B. seit 2018 eine Kooperationsvereinbarung mit dem Verein Swiss Memory Clinics, in deren Rahmen wir uns u.a. für die Schliessung der Lücke einsetzen, die häufig zwischen Diagnosestellung und Beratung besteht. Auch arbeiten wir eng mit Organisationen wie Pro Senectute Schweiz, Curaviva, Spitex Schweiz, dem SRK oder in der Projektförderung mit der Alois & Auguste Stiftung zusammen. Diese Kooperationen sind lokal ebenso wie national. International ist Alzheimer Schweiz bereits seit 2016 im Vorstand von Alzheimer Europe vertreten.

Unser Engagement im Bereich Prävention und Hirngesundheit bringen wir nun auch in einem grösseren Rahmen im Swiss Brain Health Plan ein. Im Rahmen des Swiss Brain Health Plans engagiert sich Alzheimer Schweiz mit einem Konsortium von Experten aus Neurologie und Psychiatrie, Public Health und weiteren Patientenorganisationen für die Förderung der Hirngesundheit und die Schaffung eines breiteren Bewusstseins für Prävention und Unterstützung. Gemeinsam setzen wir uns für Menschen mit ganz unterschiedlichen Hirnerkrankungen ein, mit dem Ziel, mehr Wissen und natürlich auch Bewusstsein für die Potentiale der Prävention von Hirnerkrankungen jeglicher Art auch auf politischer Ebene zu schaffen.